Eine Groteske über einen jüdischen Händler und Adolf Hitler
Schlomo Herzl hat es nicht leicht - vom nächtlichen Verkauf von Büchern (einer sonderbaren Mischung: der Bibel und Fanny Hill) auf der Strasse lässt sich mehr schlecht als recht leben, zusätzlich wird er noch von einem verrückten, ehemaligen Koch traktiert, der sich für Gott hält. Als wäre das nicht genug, trifft eines Tages im Männerasyl ein eigenartiger Geselle namens Adolf Hitler ein. Obwohl dieser sehr ungehobelt und unfreundlich ist, nimmt Schlomo ihn etwas unter seine Fittiche und hilft dem fast lebensunfähig Erscheinenden. Doch dieser zeigt sich schlussendlich nicht gerade dankbar...
Eine Groteske mit Hitler und einem zwielichtigen jüdischen Händler mit Hakennase in den Hauptrollen - geht das? Eigentlich schon, Tabori führt die Person Hitlers als überaus lächerlichen Popanz vor, doch die Brutalität und Kaltschnäuzigkeit scheint immer wieder hinter dieser ungehobelten und unsicheren Gestalt hervor, so dass das Lachen meist im Halse stecken bleibt. In der Zeit, in der Schlomo auf Hitler trifft, war auch die historische Person Hitlers eine gescheiterte Existenz ohne jeden Einfluss. Den fatalen Aufstieg beginnt Tabori hier ausgerechnet in der Figur eines Juden, der Hitler vor dem Grippetod bewahrt und ihm auch noch die Vorlage zu seinem Werk "Mein Kampf" liefert.
Eine bittere Kurzgeschichte, die sich teilweise in fast fieberhaften Sequenzen bewegt. Leider enthält der Band keine Hintergrundinformationen wie sonst bei Wagenbach dankenswerterweise häufig der Fall, interessant wäre die Entstehungsgeschichte dieser Geschchte sicherlich. Als Erscheinungsdatum ist 1986 angegeben, ich vermute jedoch, dass es sich dabei um die deutsche Angabe handelt. Das Spiel mit Tabubrüchen (Hitler, die jüdische Hauptfigur wird von einer 14jährigen sexuell verfolgt usw.) und grotesken Inhalten passt eigentlich eher in die sechziger Jahre.
George Tabori - Meine Kämpfe
Wagenbach Verlag, 2002
ISBN 3-8031-2449-2
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